Wo in unserem Alltag schon KI arbeitet, ohne dass wir das immer merken ...
Wie Beauty-Apps den Look verändern
Inhalt
Glänzend-grüne Augen, gut gebräunte Haut, volle Lippen, lange Beine und eine schmale Taille: Auf Instagram, TikTok, Snapchat ist Vieles gelogen.
Fakt ist: Wir sind umgeben von digitalen Fake-Gesichtern und durch Software verschönerten Körpern: Eine Befragung von 3000 Brit*innen ergab, dass nur noch drei von zehn unbearbeitete Fotos von sich posten würden. Die meisten verbessern demnach ihre Haut, jede*r Zweite aber auch die Form des eigenen Gesichts. Und jede*r Vierte sogar die Dicke oder Länge der eigenen Beine.
Andere Forscher*innen (der University of London) befragten junge Frauen, von denen sogar rund 90 Prozent zugaben, ihre Selfies vor Veröffentlichung zu bearbeiten.
Länger, schmaler, ebenmäßiger: Selbst für technisch Ungeübte ist die digitale Fassaden-Retusche mit den richtigen Apps mittlerweile sehr einfach. Früher musste man dafür Einiges können, heute kann man sich in wenigen Sekunden eine neue Gesichts- und Körperform zulegen.
Dabei lässt sich die digitale Maske immer schlechter von der Realität unterscheiden. Mehrere Befragungen und Versuche konnten zeigen, dass Testpersonen bei bis zu sechs von zehn digital veränderten Fotos glaubten, sie würden die unbearbeitete Originale sehen.
Nerd Wissen So funktioniert der Beauty-Algorithmus
Dass Menschen Verschönerungen durch Software immer schlechter von unbearbeiteten Aufnahmen unterscheiden können, ist kein Zufall, denn die Algorithmen zum Erkennen und Verändern von Gesichtern werden immer besser. Beauty-Filter funktionieren, weil Computer mittlerweile gelernt haben, ihre Umgebung nicht nur zu „sehen“, sondern auch zu „erkennen“. Computer Vision heißt die Technologie, die Computern ermöglicht Objekte in Bildern zu erkennen und in Kategorien einzuteilen – beispielsweise in die Kategorien „Hund“ oder „Katze“ – aber auch die Kategorien „Auge“, „Mund“, „Nase“ und so weiter.
Um Objekte auf einem Bild zu finden und ihnen die richtige Kategorie zuzuordnen, muss ein Algorithmus sehr viele Bilder von Gesichtern mit den unterschiedlichsten Augen, Münder, Nasen und Augenbrauen gesehen haben. „Gesehen“ bedeutet in dem Fall, dass der Algorithmus die Farbwerte (aka Zahlen) der Bildpunkte (aka Pixel) verarbeiten muss. Für einen Computer ist auch das bunteste oder originellste Selfies nur eine lange Zahlenreihe.
Computer lernen ähnlich wie kleine Kinder
Das Programm muss die Gesichter aber nicht nur „sehen“, sondern auch „wissen“, wo genau auf den Bildern wichtige Punkte wie die Augen oder die Mitte und die Endpunkte der Oberlippe liegen. So lernt der Computer ähnlich wie kleine Kinder anhand der unterschiedlichsten Beispiele, was ein Auge, was eine Nase oder eine Lippe ist. Mit einem Unterschied: Das Programm lernt, welche Zahlen mit welchen Verhältnissen zueinander für bestimmte Bestandteile von Gesichtern stehen. Ähnlich wie ein Kind, kann auch der Computer nach einer erfolgreichen Lernphase bekanntes Wissen auf bisher ungesehene Gesichter übertragen. Irgendwann wissen Kind und Algorithmus, wo bei jedem gezeigten Gesicht die Augen liegen.
Hat die Software anhand von Tausenden Trainings-Bildern die Verhältnisse und Teile von Gesichtern gelernt, kann ein Beauty-Filter auch bei unbekannten Gesichtern automatisch die Augenfarbe ändern oder eine digitale Sonnenbrille aufsetzen. Oder die Gesichter automatisch bestimmten Schönheitsidealen anpassen.
Künstliche Intelligenz übernimmt die Arbeit von Menschen
Das US-Unternehmen Adobe erklärte für sein Programm Photoshop, dass die verwendeten Filter-Algorithmen aus einer Vielzahl von Vorher- und Nachher-Bildern gelernt hätten, wie sich professionell bearbeitete Bilder von Originalen unterscheiden. Bei unbekannten Fotos würden so automatisch jene Optimierungsschritte vorgenommen, die auch Menschen vornehmen würden. Diese Herangehensweise verfestigt so allerdings die Schönheitsideale und kulturellen Prägungen der Macher*innen des Trainingsmaterials. Aus diesem Grund investiere Adobe nach eigenen Angaben in die Überprüfung der KI-Algorithmen von Photoshop. Anders als Fotos, bestehen Videos aus sehr vielen Einzelbildern. Daher funktionieren die Algorithmen zur visuellen Veränderung von Videos ähnlich. Wenn das Programm schnell genug rechnet, dann hält das Make-up auch im Video und Weichzeichner, dichte Wimpern oder lange Fake-Beine bewegen sich perfekt mit – mittlerweile sogar im Livestreams. Wenn das Programm oder der PC aber fehlerhaft arbeiten, dann kann es passieren, dass sich unerwartet die durch Algorithmen versteckte Realität offenbart.
Für die Streamerin Qiao Biluo hatte ein solches technisches Problem Folgen. In ihren Live-Aufnahmen verjüngte sich die Chinesin um mindestens 30 Jahre. Doch die künstliche Jugend, die ein Algorithmus ihr in Echtzeit aufsetzte, verschwand während einer ihrer Livesessions. Dadurch sahen ihre Follower das wahre Alter der Frau: 58 Jahre. Mehrere Fans fühlten sich offenbar getäuscht und forderten nach der Panne ihr Geld zurück.
ki.bayern3.radio verwendet Cookies, um die Reichweite zu messen. Und wir binden Elemente von anderen Anbietern (z.B. Facebook und Youtube) ein. Details findest du in der Datenschutzerklärung des BR.Verstanden